Gesetzliche Pflegeversicherung. Pflege kostet Geld. Die Pflegeversicherung deckt nur einen Teil der Kosten. Wer frühzeitig plant, kann finanzielle Lücken vermeiden.
Menschen, die in der Mitte des Lebens rundum fit sind, machen sich kaum Gedanken darüber, wie es mit ihrer Gesundheit im Alter stehen wird. Oft kommt das Thema Pflegebedürftigkeit erst auf, wenn die eigenen Eltern Hilfe brauchen. Doch wer bis ins hohe Alter selbstbestimmt leben und „niemandem auf der Tasche liegen“ möchte, sorgt besser für den Pflegefall vor.
Pflege nach der großen Reform
Um vernünftig planen zu können, ist es wichtig zu wissen, wer wie viel Geld von der gesetzlichen Pflegeversicherung bekommt.
Am 1.Januar 2017 trat die jüngste Pflegereform in Kraft. Die Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung haben sich verbessert, viele bekommen mehr Geld. Dennoch ist klar: In der Regel ist damit nur ein Teil der Pflege-kosten gedeckt. Eine Lücke bleibt. Der Pflegebedürftige muss sie mit eigenen Mitteln schließen. Dazu kommen Lebenshaltungskosten wie Miete und Ausgaben für Lebensmittel und Kleidung, das gilt fürs Heim ebenso wie für zu Hause.
Entscheidend dafür, wie viel Unterstützung ein Mensch bekommt, ist die Frage, wie selbstständiger sein Leben führen kann und bei welchen Tätigkeiten er Hilfe braucht. Danach richtet sich die Einstufung in einen von fünf Pflegegraden. Je höher der Pflegegrad ist, desto mehr Geld gibt es.
Der Pflegegrad muss bei der Pflegekasse beantragt werden. Über den Antrag entscheidet sie aufgrund eines Gutachtens des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung. Für Privatpflegeversicherte ist das Unternehmen Medicproof zuständig. Beide prüfen, ob eine Pflegebedürftigkeit vorliegt oder nicht.
Pflegegrad 1: Nur Entlastungsbetrag
Der Pflegegrad 1 wird jenen zugesprochen, die noch in der Lage sind, sich selbst zu versorgen und ihren Alltag weitgehend ohne Hilfe zu meistern. Sie sind nur geringfügig hilfsbedürftig. etwa, weil sie sich nur eingeschränkt bewegen können und zum Beispiel Hilfe beim Einkaufen oder Putzen ihrer Wohnung oder einfach eine Alltagsbegleitung brauchen. In diesen Fällen fließt der Entlastungsbetrag von maximal monatlich 125 Euro. Damit lassen sich Hilfeleistungen durch zugelassene Kräfte finanzieren. Je nach Bundesland gelten unterschiedliche Regelungen. Erbringen Pflegedienste die Hilfe, rechnen sie den Betrag normalerweise direkt mit der Pflegekasse ab.
Auch Menschen, die mit Pflegegrad 1 schon im Heim leben, können monatlich 125 Euro Zuschuss bekommen. In den höheren Pflegegraden gibt es den Entlastungsbetrag ambulant zusätzlich zu den anderen Leistungen, im Heim aber nicht.
Pflegegrad 2 bis 5: Mehr Zuschüsse
In den Pflegegraden: 2 bis 5 gibt es mehr Geld. Pflegebedürftige, die zu Hause gepflegt werden, können zwischen Pflegegeld und Pflegesachleistungen wählen oder beides kombinieren.
Lässt sich jemand von Laien pflegen, etwa nahen Angehörigen, fließt Pflegegeld. Dagegen erhalten Versicherte, die einen professionellen Pflegedienst in Anspruch nehmen, Pflegesachleistungen. Hierbei vereinbaren Betroffener und Pflegedienst bestimmte Tätigkeiten, etwa Hilfe bei der Körperwäsche oder beim Essen und Trinken. Der Pflegedienst rechnet direkt mit der Pflegekasse ab, der Versicherte erhält kein Geld ausgezahlt.
In Pflegegrad 2 gibt es 316 Euro Pflegegeld, in Pflegegrad 5 sind es 901 Euro. Für Pflegesachleistungen stehen in Pflegegrad 2 dagegen 689 Euro zur Verfügung, in Pflegegrad 5 sind es 1995 Euro.
Kombinationen sind möglich
Beide Leistungen lassen sich auch kombinieren: So kann ein Pflegebedürftiger nur einen Teil der Pflegesachleistungen für einen Pflegedienst nutzen und sich zusätzlich Pflegegeld auszahlen lassen. Ein Beispiel: Irene Böhm hat Pflegegrad 3. Ihr stehen1298 Euro für Pflegesachleistungen oder 545 Euro Pflegegeld zu. Die Pflege teilen sich ihre Tochter und ein Pflegedienst. Frau Böhm entscheidend sich für 60 Prozent Pflegesachleistungen und 40 Prozent Pflegegeld. Für den Pflegedienst stehen ihr so 778,80 Euro (60 Prozent von 1298 Euro) zu, für ihre Tochter 218 Euro (40 Prozent von 545 Euro).
Darüber hinaus unterstützen die Kassen in Pflegegrad2 bis 5 Aufenthalte in einer Tages- und Nachtpflege. Der Pflegebedürftige verbringt dann einige Stunden tagsüber oder nachts in einer stationären Einrichtung. Die Tages- und Nachtpflege wird weder auf die Pflegesachleistungen noch auf das Pflegegeld angerechnet. In Pflegegrad 2 zum Beispiel gibt es für Tages- und Nachtpflege 689 Euro, 1995 Euro sind es in Pflegegrad 5.
Weitere Leistungen der Pflegekasse Zusätzlich stehen Versicherten in den Pflegegraden 2 bis 5 weitere Leistungen zu. Die Kasse zahlt die vorübergehende Pflege in einem Heim (Kurzzeitpflege) und die sogenannte Verhinderungspflege. Letztere bekommen Menschen, deren Pflegeperson kurzzeitig ausfällt und die einen Ersatz brauchen.
Außerdem zahlt die Pflegekasse in Pflegegrad 1 bis 5 bis zu 40 Euro im Monat für Hilfsmittel, die zum Verbrauch bestimmt sind, etwa Windeln. Für Hilfsmittel wie Toilettenstuhl, Hausnotruf und Pflegebett trägt sie den größten Teil der Kosten. Pflegebedürftige müssen nur einen Eigenanteil von 10 Prozent des Preises zahlen – höchstens aber jeweils 25 Euro.
Im Heim wird ein Eigenanteil fällig
Für die Pflege in einer stationären Einrichtung zahlt die Pflegekasse weit höhere Sätze als für die zu Hause durch Angehörige. Auch diese Beträge richten sich nach dem Pflegegrad. Im Pflegegrad 2 zahlt sie 770 Euro und im höchsten Pflegegrad 2005 Euro.
Das Geld deckt jedoch meist nicht die kompletten Heimkosten. Versicherte müssen einen Eigenanteil zahlen. Er ist je nach Heim unterschiedlich hoch. Dabei gibt es gravierende Unterschiede zwischen den einzelnen Bundesländern: In Thüringen zum Beispiel beträgt er im Durchschnitt rund 220 Euro im Monat, im Saarland rund 880 Euro. Den je nach Heim geltenden Eigenanteil handeln Pflegekassen und Einrichtungen aus.
Seit der Pflegereform ist der Eigenanteil in den Pflegegraden 2 bis 5 gleich. Er steigt nicht, wenn der Versicherte in einen höheren Pflegegrad eingestuft wird.
Neben dem Eigenanteil für die Pflege müssen Heimbewohner Unterkunft, Verpflegung Investitionskosten und eventuell eine Ausbildungsumlage bezahlen. Diese Kosten machen im Schnitt 1200 Euro aus.
Mehr Geld und trotzdem nicht genug
Reichen die eigenen finanziellen Mittel nicht, um die Versorgungslücke zu schließen, springt unter bestimmten Voraussetzungen das Sozialamt ein und zahlt vorläufig, Hilfe zur Pflege“. Das heißt: Das Sozialamt übernimmt Pflegekosten, etwa für die Pflege zu Hause, die teilstationäre oder stationäre. Letztere finanziert es nur, wenn häusliche Pflege nicht möglich ist.
Wer „Hilfe zur Pflege“ beantragt, muss seine Vermögensverhältnisse offenlegen. Es gibt jedoch Schonbeträge. Das Sozialamt holt sich seine Hilfe von Angehörigen zurück, sofern diese die Pflegekosten anteilig oder ganz übernehmen können. Das gilt für Lebenspartner, Kinder und Eltern. Diese müssen aber nur Geld einsetzen, das sie nicht für den Lebensunterhalt der eigenen Familie und für ihre Altersvorsorge benötigen. Wie hoch die Freibeträge sind und welches Vermögen als „Schonvermögen“ unangetastet bleibt, prüfen die Sozialämter. Pflegebedürftige und Angehörige sollten sich beim zuständigen Sozialamt informieren (test.de/elternunterhalt).
Heute schon an morgen denken
Wer später weder seine Kinder noch Hilfe vom Sozialamt in Anspruch nehmen will, muss finanziell vorsorgen. Eine Möglichkeit sind private Pflegezusatzversicherungen.
Sinnvoll kann es auch sein, Geld für den Pflegefall mit guter Ertragschance anzusparen. Für eine langfristige Geldanlage empfehlen wir sogenannte ETF-Sparpläne, das sind Sparpläne mit börsengehandelten Indexfonds. Damit können Anleger schon mit kleinen Summen zum Beispiel in den Weltaktienindex investieren.
Neue Lebensformen im Alter
Zu den Vorbereitungen auf das Alter gehört es, sich Gedanken über die eigene Wohnsituation zu machen. Es gibt weit mehr Möglichkeiten als kostspielige Wohnformen wie betreutes Wohnen, Seniorenresidenzen und Pflegeheime-Alternativen wie Pflege-WGs und Mehrgenerationenhäuser sind im Trend.
Folgende Fragen helfen bei den Überlegungen: Möchte ich so lange wie möglich in meiner Wohnung oder meinem Haus bleiben? Kann ich mir vorstellen, meinen Wohnraum mit anderen zu teilen? Oder möchte ich Wohnen und Pflege aus einer Hand?
Weg mit den Stolperfallen
Wer langfristig zu Hause gepflegt werden kann, muss nicht in ein Heim ziehen. Viele ambulante Hilfen lassen sich auch zu Hause nutzen: etwa ein Pflegedienst, Essen auf Rädern und eine Putzkraft.
Mit einigen Veränderungen können Wohnung oder Haus altersgerecht gestaltet werden: Türschwellen werden abgebaut, Haltegriffe angebracht, Teppiche entfernt.
Umfangreiche Maßnahmen können allerdings mehrere Tausend Euro kosten. Wird früh genug begonnen, lassen sich solche Umbauten auch nach und nach durchführen, wenn die Mittel dafür nicht auf einen Schlag verfügbar sind. Informationen finden Interessierte im Internet (wohnungsanpassung-bag.de und nullbarriere.de).
Hat ein Mensch bereits einen Pflegegrad, unterstützt die Pflegekasse den Umbau mit bis zu 4o0o Euro. Muss später noch mehr verändert werden, zahlt sie erneut.
Mehrere unter einem Dach
Teilen sich mehrere Pflegebedürftige eine Wohnung, kann jeder von ihnen den Zuschuss zum Umbau in Anspruch nehmen. Maximal 16 oo0 Euro sind für eine Pflege Wohngemeinschaft möglich. Außerdem zahlen die Kassen jedem pflegebedürftigen, der eine Pflege-WG gründet oder daran beteiligt ist, eine Anschubfinanzierung von 2500 Euro zur altersgerechten Umgestaltung der Wohnung-allerdings nur bis zu einem Höchstbetrag von insgesamt 10000 Euro.
In einer Pflege-WG leben drei bis zwölf Bewohner zusammen. Jeder hat sein eigenes Zimmer, das er nach seinen Vorstellungen einrichten kann. Nur drei der Bewohner müssen einen Pflegegrad haben. Jeder Pflegebedürftige erhält von der Kasse monatlich einen Wohngruppenzuschlag von 214 Euro. Dieses Geld soll vor allem helfen, eine Person zu finanzieren, die sich rund um die Uhr um die Bewohner kümmert. Außerdem können sie gemeinsam einen Pflegedienst engagieren und so Geld sparen.
Quadratmeter für mich, Hilfe für dich
Das Modell „Wohnen für Hilfe“ gibt es meist in Universitätsstädten. Interessierte können sich an die örtlichen Studentenwerke wenden. Beim Wohnen für Hilfe“ lebt in der Regel ein Student mit einem Hilfsbedürftigen zusammen. Der Student hilft im Haushalt, zum Beispiel bei der Gartenarbeit, oder er übernimmt Fahrdienste. Den idealerweise altersgerechten Wohnraum bezahlt der Hilfsbedürftige, Nebenkosten wie Strom, Gas und Wasser trägt der Student.
Menschen von 2 bis 80 Jahren
Das gemeinschaftliche Wohnen ist auch in einer reinen Senioren-WG oder einem Mehrgenerationenhaus möglich. In Letzterem leben Jung und Alt zusammen. Meist hat jeder seine eigene Wohnung, zusätzlich gibt es Räume, die alle nutzen.
Die Bewohner unterstützen sich gegenseitig im Alltag oder beschäftigen gemeinsam eine Haushaltshilfe. Einige Wohneinheiten sind barrierefrei gestaltet, sodass behinderte und pflegebedürftige Menschen dort gut leben und auch von Pflegekräften versorgt werden können (mehr dazu im Internet unter wohnprojekte-portal.de).
